Die Krebsberatungsstelle bietet eine Gesprächsgruppe für Angehörige und Freunde von Krebspatienten. Denn auch für die Menschen im Umfeld stellt die Diagnose das Leben auf den Kopf.
An den Tag, an dem die Diagnose kam, erinnern sich Margret Bauer (Name geändert) und Manuela Kühner genau. Bei Margret Bauer war es ihr eigener Geburtstag. Die Eltern riefen an, gratulierten und waren sehr kurz angebunden. Sie würde sich am Abend wieder melden, sagte die Mutter. Beim abendlichen Anruf erfuhr Bauer von der Untersuchung beim Radiologen. Diagnose: Eierstocktumor.
Bei Kühner war es der letzte Urlaubstag. Ihre Tochter war am Vortag mit extremen Kopfschmerzen zum Arzt gegangen. Migräne tippte der Arzt. Aber wenn es nicht besser werde, solle sie am nächsten Tag wiederkommen. Es wurde schlimmer, der Arzt schickte sie mit dem Krankenwagen in die Klinik. Die Diagnose: Raumforderungen im Kopf. Im Klartext: Hirntumor. Die erste Operation war noch am gleichen Tag.
Drei Jahre liegen diese Ereignisse nun zurück. Seitdem ist nichts mehr wie zuvor. Denn von einer Krebsdiagnose ist nie nur der Patient betroffen. Auch für Angehörige und enge Freunde steht das Leben plötzlich auf dem Kopf – auch wenn den meisten das Ausmaß im ersten Moment noch gar nicht bewusst wird. „Mein erster Gedanke war: Vielleicht ist der Tumor ja gar nicht bösartig. Vielleicht muss das erst noch richtig untersucht werden“, erinnert sich Bauer. Und auch Kühner war zunächst optimistisch. „Ich hatte mich noch nie mit der Thematik beschäftigt. Kurze Zeit dachte ich, sie entfernen den Tumor jetzt und dann ist vielleicht wieder alles gut.“ Zwei Tage später erfuhr die Familie, dass die Lebenserwartung der Tochter bei etwa sechs bis zwölf Monaten liege. Da war sie 30 Jahre alt.
So unterschiedlich die Diagnosen und die Situationen der beiden Familien sind, so ähnlich sind ihre Erfahrungen. Operationen, Therapien, unzählige Hochs und Tiefs, Hoffen und Bangen, in ständiger Angst vor dem nächsten Untersuchungsergebnis. „Krebs ist für mich die Krankheit des Wartens“, beschreibt es Bauer. Das zehre an den Nerven. Einerseits seien die Angehörigen völlig machtlos, was die Krankheit angeht, andererseits werden sie plötzlich in die Rolle des Organisators katapultiert – seien es Besuche, Arztgespräche oder Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse. Der Alltag dreht sich um den Krebskranken.
Dass es wichtig ist, offen darüber zu reden, wie es einem geht und was einen gerade beschäftigt, darin sind sich beide Frauen einig. Doch sie sind sich auch darin einig, dass das nicht immer einfach ist. Nicht alle Freunde, Bekannten und Kollegen bringen Verständnis für die Situation auf, manchmal sind es auch die Frauen selbst, die andere nicht damit belasten wollen. „Wenn sich meine Freundinnen treffen, um Spaß haben, will ich ja nicht von meiner krebskranken Mutter erzählen“, sagt Bauer. Gerade deswegen ist sie froh, nun bei der Krebsberatungsstelle in Heilbronn die Möglichkeit zu haben, sich mit anderen Angehörigen auszutauschen, zu hören, ob es anderen genauso geht. Kühner weiß bereits aus der Erfahrung mit einer anderen Gruppe: „Bei so einem Treffen muss man sich nicht zusammenreißen. Da hat jeder Verständnis, wenn man weinen muss.“ Sie will regelmäßig in die Gruppe kommen – und damit auch anderen zur Seite zu stehen, die noch nicht so lange von der Krankheit ihrer Angehörigen wissen. „Ich musste zum Beispiel erst lernen, wie wichtig es ist, mir selbst und meiner Tochter wieder Freiräume zuzugestehen. Im ersten Jahr der Krankheit war ich eine absolute Glucke“, erinnert sich Kühner. „Dabei muss ich zum einen etwas an mich denken, zum anderen kann ich meiner Tochter vertrauen, dass sie die richtigen Entscheidungen für sich treffen kann.“
Verdrängt haben beide Familien die Krankheit nie – auch nicht die Betroffenen selbst. Dennoch ist die Erkrankung stets eine Belastung, die für die Angehörigen einschneidend ist.
Information:
Die SLK-Krebsberatungsstelle bietet seit Ende Januar eine offene Gruppe für Angehörige und Freunde von an Krebs erkrankten Menschen an. Denn nicht nur der Erkrankte, sondern auch nahestehende Menschen müssen lernen, mit der Diagnose und den damit verbundenen Veränderungen umzugehen. Die Gruppe soll den Austausch unter Betroffenen ermöglichen und Unterstützung bieten. Die Gruppe trifft sich jeden letzten Dienstag im Monat um 17 Uhr in der Krebsberatungsstelle, Moltkestraße 25, Heilbronn. Das nächste Treffen ist am 28. März. Informationen unter Telefon 07131 932480, info@slk-krebsberatung.de
Finanzierung:
Der Landtag Baden-Württemberg hat am 22. Februar 2017 den Haushalt für das Jahr 2017 beschlossen. Im Rahmen des Haushalts sind als Landesanteil 450.000 Euro zur Finanzierung der Krebsberatungsstellen in Baden-Württemberg vorgesehen. Bisher liegt den SLK-Kliniken noch kein Fördermittelbescheid vor. Die SLK-Kliniken hoffen auf eine zeitnahe Bestätigung der Weiterfinanzierung durch das Land sowie die weiteren Förderer (gesetzliche Krankenkassen und Deutsche Rentenversicherung).