Entspannt ins MRT: Für Jairo Lutscher ist eine MRT-Untersuchung nicht mehr zwingend mit einer Narkose verbunden.

Klinikum am Gesundbrunnen, 09.08.2021

„Shaun das Schaf“ statt Narkose oder auch: Keine Angst mehr vor dem MRT

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Wer es selbst schon einmal erlebt hat, weiß, wie belastend es sein kann – eine MRT-Untersuchung. Was kommt auf mich zu? Wie fühle ich mich in dieser Röhre? Wie soll ich still halten? Gedanken, die bereits Erwachsenen die eine oder andere Sorgenfalte auf die Stirn treiben. Wie muss es Kindern da erst ergehen?


Ablenkung
Marko Lutscher, Papa des siebenjährigen Jairo, weiß zu gut, wie sein Sohn sich vor den anstehenden MRT-Untersuchungen – die bei Kindern oftmals notwendig sind, um belastbare Diagnosen zu erhalten – gefühlt hat. Und dann kommt auch noch die belastende Narkose dazu. Er sagt: „Jairo hatte immer große Angst vor dem Moment, in dem er auf die Liege zur Einleitung der Narkose musste.“ Die Zeiten, in denen Kinder vor MRT-Untersuchungen grundsätzlich unter Narkose gesetzt werden müssen, gehören in der Heilbronner Kinderradiologie am Gesundbrunnen der Vergangenheit an. Ein Fernseher, der den starken magnetischen Feldern einer MRT standhält, sorgt für eine so große Ablenkung bei den Kleinen, dass eine Narkose in vielen Fällen umgangen werden kann. Statt Narkose heißt es nun „Film ab“ – die beliebte Animationsserie „Shaun das Schaf“ erfreut sich hierbei übrigens großer Beliebtheit. In Abstimmung mit den Eltern und unter Berücksichtigung der GEMA-Gebühren, sind natürlich auch andere Sendungen möglich. Filme, die auch ohne Ton gut verständlich sind, bieten sich aufgrund der Lautstärke der MRT an, aber auch Kopfhörer sind vorhanden.
 

„Film ab“
Was auf den ersten Blick relativ simpel klingt, bedarf einer anspruchsvollen, zuverlässigen Technik. Solange sich die Kinder während der MRT, beseelt von „Shaun das Schaf“ ablenken lassen, sorgt ein hochmodernes System für die notwendigen diagnostischen Bilder. Damit die Patienten in „der Röhre“ liegend den außen montierten Bildschirm sehen können, ist ein sogenannter Umlenkspiegel, ebenfalls „MRT-fähig“, montiert. Damit können sie jederzeit verfolgen, was im Fernsehen gerade so passiert. Zusätzlich können die kleinen Patienten mithilfe eines iPads einen Film zur Vorbereitung oder den vielleicht abgebrochenen Film beim Warten auf die Diagnose zu Ende schauen.

MRT
Um akute, teilweise schwerwiegende Erkrankungen von Binde-, Muskel- oder Nervengewebe sowie des Gehirns oder anderer Organen aufspüren zu können, bilden MRT-Untersuchungen seit den 1980er Jahren einen unersetzlichen diagnostischen Pfeiler der bildgebenden medizinischen Verfahren ab. Auch Tumore und Entzündungen können sehr gut entdeckt werden. Großer Vorteil: Im Gegensatz zu Röntgenuntersuchungen oder auch dem computertomographischen Verfahren (CT) kommen beim MRT keine Röntgenstrahlen zum Einsatz, sondern ein starkes Magnetfeld innerhalb einer Röhre. Nachteil: Die Röhre ist relativ eng, die Untersuchung ist laut und erfordert eine hohe Disziplin der Patienten, denn: Bewegungen sind tabu, da diese die Bilder beeinflussen und dann oftmals keine Diagnose erzielt werden kann. In manchen Fällen ist es zudem notwendig, den Atem für kurze Zeit anzuhalten.

Zeit reif
Nicht bewegen, Atem anhalten, teilweise bis zu 45 Minuten ruhig liegen bleiben. Auch an dieser Stelle gilt einmal mehr: Was für Erwachsene schon schwierig ist, ist für Kinder noch anstrengender und bis zu einem bestimmten Alter nicht möglich. „Deshalb mussten wir auch bei Kindern im Alter zwischen fünf und zehn Jahren immer wieder auf eine Narkose zurückgreifen, um die MRT durchführen zu können“, erklärt Christian Stolz, Oberarzt der Klinik für Radiologie, Minimal-invasive Therapien und Nuklearmedizin im Klinikum am Gesundbrunnen. Bereits in der fünfwöchigen Testphase im Herbst vergangenen Jahres investierte Stolz mit seinen Kolleginnen und Kollegen viel Zeit, um Kindern und Eltern die Vorteile der neuen Technologie nahe zu bringen. Die Resonanz war eindeutig: So musste beispielsweise nur noch eines von 17 Kindern im besagten Alter in Narkose gelegt werden. In einem nächsten Schritt sollen auch zunehmend kleinere Kinder ohne Narkose untersucht werden.

Die Finanzierung dieses außergewöhnlichen Projektes wurde durch die Stiftung “Große Hilfe für kleine Helden“ ermöglicht. „Für kleine Patienten, aber auch ihre Eltern, ist der Gang in die Klinik und das bange Warten auf eine Diagnose oft mit vielen Ängsten verbunden“, sagt Ralf Klenk, Gründer der Stiftung Große Hilfe für kleine Helden. „Unser Ziel als Stiftung ist es, Kinder und ihre Familien bestmöglich ganzheitlich zu unterstützen. Dazu gehört in besonderem Maße die Finanzierung hochmoderner medizinischer Geräte, die dazu beitragen, unsere  kleinen Helden kindgerecht zu untersuchen “, so  Ralf Klenk weiter. „Die Zeit, das Projekt eines MRT-fähigen Monitors mit Umlenkspiegel umzusetzen, war jetzt reif“, berichtet der Stiftungsgründer: „Dank  großzügiger Firmenspenden aus der Region  konnten wir die dafür notwendige Investitionssumme von  37.000 Euro leisten und sind sehr glücklich, den jungen Patienten die Umstände einer MRT-Untersuchung deutlich angenehmer gestalten zu können.“ Besonders wichtig ist dabei das Team der Kinderradiologie, das die Kinder „auf spielerische Art und Weise mit viel Engagement begleitet und ihnen alles Neue in Ruhe erklärt.“

Für Jairo Lutscher, der die MRT-Prozedur derzeit in regelmäßigen Abständen durchstehen muss, ist diese neue Möglichkeit ein Segen. Marko Lutscher berichtet: „Die Aufnahmen, die mit Hilfe der Filmunterstützung erstellt werden, sind ein voller Erfolg. Jairo hat tatsächlich über die gesamte Dauer durchgehalten und obwohl er die Atmung nicht, wie eigentlich erforderlich, stoppen konnte, konnten die Bilder sehr gut ausgewertet werden.“

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