Dämonen, durch ”fließende Ursachen” hervorgerufen, hielten Gelehrte im 5. Jahrhundert vor Christi für die Auslöser einer ganzen Reihe böser Plagen. Noch älter als die mystische Deutung – offensichtlich so alt wie das knöcherne Stützgerüst im Körper von Lebewesen – ist das Leidensbild. Die Opfer klagen über Schmerzen, hervorgerufen durch entzündete oder abgenutzte Gelenke oder eine versteifte Wirbelsäule. Mitunter sind auch Sehnen und die Muskulatur betroffen. Eine Verkrüppelung und Bewegungs-unfähigkeit der Gliedmaßen kann die Folge sein. Zwar schwand der Glaube an krankmachende Dämonen, doch der alte griechische Name hat sich bis heute gehalten: Rheuma, der ”fließende Schmerz”.
Deren einzige Gemeinsamkeit: Stets sind die Gelenke oder die sie umgebenden Weichteile betroffen. Man unterscheidet entzündliche Rheuma-erkrankungen (Hauptvertreter: rheumatoide Arthritis, die auch als chronische Polyarthritis bezeichnet wird), degenerative Rheuma-Formen (Arthrosen), Weichteilrheumatismus und Gicht. Das Gelenk verformt sich und wird steif. In seltenen Fällen kommt dieser Prozess von alleine zum Stillstand; oft aber schreitet er – trotz Behandlung – über Jahre fort, entwickelt sich zu einer echten Behinderung und zermürbt die Patienten durch anhaltende Schmerzen.
Zu den entzündlichen Rheumaformen gehört auch die Bechterew-Erkrankung. Betroffen ist dabei die Wirbelsäule, die langsam verkalkt und sich versteift und sich dadurch im Laufe der Zeit verkrümmt. Auch bei dieser Krankheit spielen Erbfaktoren eine Rolle.
Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis ruht prinzipiell auf zwei Säulen.
Die sogenannte Basistherapie soll den Krankheitsprozess grundlegend beeinflussen und vor allem die Gelenkszerstörung aufhalten. Hierzu setzen die Ärzte beispielsweise Medikamente ein, die das Immunsystem beeinflussen.
Die zweite Säule besteht aus Arzneimitteln, die die Entzündung hemmen und die Schmerzen lindern, die so genannten nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSA). Auch Kortikoide, die Entzündungen hemmen, werden eingesetzt. Denn nur wenn die Schmerzen ausreichend gelindert werden, kann beispielsweise eine Physiotherapie die Beweglichkeit der Gelenke fördern und erhalten.
Sowohl in die Basistherapie als auch in die antientzündliche und schmerzlindernde Therapie kommt nun Bewegung: Neue Medikamente für die Basistherapie (Etanercept, Infliximab), die einen bestimmten Immunbotenstoff, TNF-Alpha genannt, blockieren und dadurch die Gelenkszerstörung hemmen, stehen kurz vor der Zulassung. Ein anderer Wirkstoff (Leflunomid), der die Vermehrung von T-Immunzellen hemmt, wurde unlängst zugelassen.
Allerdings müssen Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Substanzen in der breiten Anwendung sorgfältig beobachtet werden. So gibt es beispielsweise Hinweise, dass die neuen Medikamente die Durchblutung der Nieren beeinträchtigen, eine Nebenwirkung, die jedoch verschwindet, wenn das Mittel abgesetzt wird. Außerdem scheint bei bestimmten Patientengruppen das Risiko für Herzinfarkte erhöht sein.
Experten beklagen indes, dass bei vielen Patienten mit rheumatischen Leiden eine angemessene Behandlung von Entzündung und Schmerzen nicht frühzeitig und konsequent genug eingeleitet wird. Die Folge sind Schäden an den Gelenken und chronifizierte Schmerzen. Denn auch bei Rheumapatienten, deren Schmerzen nicht ausreichend gelindert werden, kommt es zu Veränderungen im Nervensystem, die Chronfizierungsprozesse fördern. Hinzu kommen psychosoziale Einflüsse, die ebenfalls schmerzverstärkend wirken. Vor allem in solchen Fällen müssen Rheumatologen und Schmerztherapeuten zusammenarbeiten: Erforderlich ist dann eine breite Palette medikamentöser, psychologisch-verhaltenstherapeutischer und physiotherapeutischer Maßnahmen, um
die komplexen Prozesse zu beeinflussen, die den Dauerschmerz unterhalten. Wenn beispielsweise eine Therapie mit entzündungshemmenden und schmerz-lindernden Medikamenten die Schmerzen nicht ausreichend lindern kann oder wenn andere nichtentzündungsbedingte Schmerz-formen hinzukommen, setzen Experten inzwischen auch Opioide (Abkömmlinge des Morphins) ein. Der Teufelskreis des Schmerzes muss unterbrochen werden, denn nur wenn der Schmerz effektiv gelindert wird, können andere Strategien, etwa Physio- oder Ergotherapie sinnvoll greifen.
Psychologisch-verhaltenstherapeutische Maßnahmen, die ein wichtiger Bestandteil der modernen Schmerztherapie sind, können darüber hinaus die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzen positiv beeinflussen.
Wichtig sind auch die physikalische Therapie, Bewegung, Wärme- und Kälteanwendungen, medizinische Bäder. Denn es kommt darauf an, beweglich zu bleiben.
Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis handelt es sich bei Arthrosen um Abnützungskrankheiten.
Zumeist kommen mehrere Faktoren zusammen: Bewegungsmangel, eine einseitige Belastung der Gelenke und eine dünner werdende Gelenksflüssigkeit im Alter. Dadurch werden die Knorpelzellen der Gelenke nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt und gehen zugrunde. Entzündungen, Schwellungen und Verformungen sind die Folge. Gegen die gelegentlichen Entzündungen setzen Ärzte -ähnlich wie bei der rheumatoiden Arthritis- entzündungshemmende und schmerz-lindernde Medikamente ein.
Bei einer endoskopischen Untersuchung (Arthroskopie) kann der Arzt die Knorpeloberfläche glätten und zerschlissene Teile abtragen. Auch bei Arthrosen spielt die physikalische Behandlung eine entscheidend wichtige Rolle: Sie vermindert die Schmerzen und erhält die Beweglichkeit. Denn wenn der Verschleiß-Prozess nicht gestoppt wird, hilft am Ende nur noch eine Operation, bei der das betroffene Gelenk durch ein künstliches ersetzt wird.
! Wenn Sie übergewichtig sind, senken Sie Ihr Gewicht, um die Gelenke zu entlasten
! Eine gezielte Krankengymnastik unter professioneller Anleitung ist wichtig. Danach sollten Sie diese Übungen zu Hause oder in einer Gruppe fortsetzen, um beweglich zu bleiben
! Vermeiden Sie Sportarten, welche die Gelenke zu stark belasten. Besser sind Schwimmen und Radfahren
! Bei akuten Entzündungen und Schwellungen haben sich Kälteanwendungen (Wickel, Packungen) bewährt. Die Behandlung ermöglicht auch bei entzündeten Gelenken eine behutsame Krankengymnastik, die sonst sehr schmerzhaft wäre.
! Sinnvoll sind auch Kneipp-Güsse, besonders der Knie-, Schenkel- und Armguß
! Warme Bäder (mit Zusätzen von Kräuteröl, Salz oder Moor) oder warme Packungen und Wickel wirken schmerzlindernd. Diese sind allerdings bei einer akuten Entzündung nicht sinnvoll, weil sie die Entzündung fördern. Wenn Anzeichen auf einen bevorstehenden Rheumaschob hindeuten, ist eine Kältebehandlung besser.
! Erlernen Sie Entspannungsübungen (Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga).